Wird „Deliver Us From Evil“ von Jerry Bruckheimer zum nächsten „Stiefkind“?

Zugegeben, die Frage klingt etwas provokant. Aber einerseits beschweren sich die großen Filmverleihe in Hollywood darüber, dass die Einnahmen an den Kinokassen zurückgehen und andererseits werden Streifen wie „Deliver Us From Evil“ bereits nach der zweiten Woche in der Hälfte der amerikanischen Kinos aus dem Programm genommen. Dabei liefen die Umsätze doch gar nicht so schlecht. Allein am Wochenende vom 11. bis 13. Juli 2014 spielte der Streifen in den USA rund 4,5 Millionen Dollar ein. Aktuell läuft er in 15 Ländern. In vielen anderen Ländern ist der Start erst für Anfang September 2014 geplant. Dabei fällt allerdings auf, dass er beispielsweise nicht in allen größeren deutschen Kinos gezeigt wird. Bis zum 20. Juli 2014 hat er nach den Angaben von Boxoffice bereits 34 Millionen Dollar bei einem Budget von 30 Millionen Dollar eingespielt. Interessantes Detail: In diesen Zahlen sind die Umsätze im Ausland nur bis zum 13. Juli 2014 enthalten.

“Lone Ranger“ von Jerry Bruckheimer noch immer das Negativbeispiel

In einem US-Online-Magazin heißt es, dass sich die Umsätze an den Kinokassen im Sommer 2014 gegenüber dem Jahr 2013 um rund zwanzig Prozent verringert haben. Analyst Jeff Bock meint, dass es in diesem Jahr im Gegensatz zum letzten Sommer aber keine „komplette Fehlzündung“ gegeben hätte. Die meisten Filme hätten noch in der Zeit in den Kinos ihre Produktionskosten wieder eingespielt. Als Negativbeispiele des letzten Jahres brachte er „Lone Ranger“ von Jerry Bruckheimer sowie „R.I.P.D“ von David Dobkin. Das Gemeine daran ist, dass Analyst Jeff Bock das Einnahmen-Ausgaben-Verhältnis von Lone Ranger“ mit „R.I.P.D.“ auf eine Stufe stellt. Die Zahlen zu beiden Filmen sprechen aber eine sehr unterschiedliche Sprache. „Lone Ranger“ kostete 215 Millionen Dollar und brachte an den Kinokassen über 260 Millionen Dollar. „R.I.P.D.“ hat weltweit mit rund 78 Millionen Dollar gerade einmal reichlich die Hälfte der Produktionskosten von 130 Millionen Dollar eingespielt. Nur ging Universal mit den Machern von „R.I.P.D.“ etwas fairer um als Disney mit Jerry Bruckheimer und „Lone Ranger“ Die Quittung dafür haben sie von ihm nach unserer Meinung völlig berechtigt damit bekommen, dass er seinen First-Look-Deal mit ihnen nicht verlängert hat.

Interessante Fragen rund um die Zahlen

Da das US-Onlinemagazin im Zusammenhang mit der Mitteilung über den Rückgang der Einnahmen an den Kinokassen wieder einmal davon spricht, dass „Lone Ranger“ Disney einen Verlust von 200 Millionen Dollar beschert hätte, drängen sich uns einige Fragen auf.

• Bei „Tammy“ liegen die Einnahmen rund 51 Millionen Dollar über den Produktionskosten und es wird von einem riesigen Hit gesprochen. „Lone Ranger“ brachte 45 Millionen Dollar mehr Einnahmen als Ausgaben und wird noch immer als Totalflop aus dem Hause Jerry Bruckheimer bezeichnet. Die Kosten des Vertriebs und der Werbung dürften bei beiden Filmen identisch gewesen sein.
• Der Streifen „Blended“ von Jack Giarraputo und Adam Sandler brachte Einnahmen, die um rund 63 Millionen über den Produktionskosten lagen. „A Million Ways to Die in the West“ spielte rund 44 Millionen mehr ein, als für die Produktion ausgegeben wurden. Und dennoch sprechen Universal und Warner Bros. davon, dass die mit den Filmen Verluste gemacht hätten.

Wo sieht Phil Contrino die Gründe im Umsatzschwund?

Phil Contrino ist der Chefanalyst von Boxoffice. Er sieht die Ursachen für den Gewinnschwund nicht in der Qualität der angebotenen Filme. Vielmehr vermisst er die Vielfalt vor allem im Bereich der Filme mit einem kleineren und mittleren Budget. Auch Paul Dergarabedian, der Chefanalyst von Rentrak, hat eine interessante Meinung dazu. Ob die fehlenden Profite für die Studios Horrormeldungen sind, ist den Kinobetreibern egal. Sie wollen gute Filme, mit denen sie ihre Säle füllen können. Als Beispiel brachte er „White House Down“. Die Gemeinschaftsproduktion von Sony und Columbia brachte 55 Millionen Dollar mehr Einnahmen als Produktionskosten, aber sie hat den Kinobetreibern Zusatzeinnahmen durch den Verkauf von Popcorn, Eis und Cola gebracht.

Auch die Filmverleihe haben reichlich Zusatzeinnahmen

Um das zu beweisen, bleiben wir beim Beispiel „Lone Ranger“ von Jerry Bruckheimer. Die um rund 45 Millionen Dollar über den Produktionskosten liegenden Umsätze bleiben nicht das einzige Plus. Die 215 Millionen Dollar waren die Summe, die von Disney für die Produktion kalkuliert und vereinbart wurde. Fakt ist aber, dass der gesamten Crew einschließlich der Schauspieler und Jerry Bruckheimer die vereinbarten Zahlungen gekürzt wurden. Wie hoch genau die Kürzungen ausgefallen sind, darüber haben die Parteien Stillschweigen vereinbart. Gerüchten zufolge sollen es teilweise bis zu dreißig Prozent gewesen sein.

Was bei den Zahlen von Boxoffice ebenfalls fehlt, sind die Einnahmen, die für „Lone Ranger“ nach dem Ende der Kinosaison noch anfallen. So wird der Film auf Blu-ray und DVD verkauft. Dass es dafür eine Nachfrage gibt, erleben wir in unserem eigenen Fanshop. Wenn Sie dort einen Blick hinein werfen, werden Sie auch sehen, dass es zu „Lone Ranger“ aus dem Hause Jerry Bruckheimer Bausteinsätze von LEGO gibt. Auch dafür hat Disney mit Sicherheit hohe Lizenzgebühren vereinnahmt.

Deshalb halten wir es für unverantwortlich, noch immer Jerry Bruckheimer allein die Schuld daran zu geben, dass Disney 2013 ein Geschäftsjahr mit Verlusten in der Bilanz hatte. Der eigentliche Grund sind beispielsweise die horrenden Investitionen, die Disney für die Eröffnung eines neuen Themenparks in Asien getätigt hat. Auch andere Filme des Micky-Mouse-Konzerns haben nicht die Ergebnisse gebracht, die sich die Macher und Auftrageber erhofft hatten. Wieso also werden sämtliche Verluste auf den Schultern von Gore Verbinsky, Jerry Bruckheimer und Johnny Depp abgeladen? … und das mit Formulierungen wie „eine 200 Millionen teure Schnapsidee von Johnny Depp, einen Vogel auf dem Kopf zu tragen“? Diese Frage sollten Sie sich als Leser nach all diesen Fakten selbst beantworten.