Jerry Bruckheimer hat Trends rechtzeitig erkannt

In der „Traumfabrik Hollywood“ zeichnet sich aktuell eine Trendwende ab, die Jerry Bruckheimer bereits vor fast fünfzehn Jahren erkannt und für sich genutzt hat: Der Schwerpunkt verlagert sich von den Kinofilmen immer mehr ins Fernsehen und in die Netzwerke, über die Inhalte digital verteilt werden können. Eine gute Serie im Hintergrund zu haben, ist eine Sicherheit, auf die viele Produktionsstudios nicht mehr verzichten möchten. Jerry Bruckheimer hat damit bereits mit dem Start der „Schattenkrieger“ im Jahr 1997 und der „CSI“-Reihen in den Jahren 2000 und 2002 „aufs richtige Pferd“ gesetzt.

Erstaunliche Ergebnisse bei Umfragen

Michael Pressman ist genau wie Jerry Bruckheimer als Produzent tätig. Außerdem hat Pressman als Regisseur erfolgreiche Fernsehserien wie zum Beispiel „Law & Order“ und „Grey’s Anatomy“ betreut. Inzwischen hat er sich unter die Ausbilder für Nachwuchs in der Film- und Fernsehbranche begeben. Gezielt fragte er unter seinen Schülern, an welchem Platz sie ihre Wunschzukunft sehen. Das Ergebnis war verblüffend, denn sogar die meisten Schüler mit der Ausbildungsrichtung Filmregie gaben bei der Befragung an, als Regisseure einer guten Fernsehserie tätig werden zu wollen.

Früher waren Fernsehserien das Sprungbrett, um eine lukrative Rolle in einem Kinofilm angeboten zu bekommen. Heute ist es nach Meinung von Michael Pressman fast schon umgekehrt: Erst muss man zumindest kleinere Filmrollen gespielt haben, um bei einer als erfolgreich eingeschätzten Fernsehserie mitspielen zu dürfen. Eli Holzman, der Reality-Shows für das amerikanische Fernsehen produziert, stimmt Pressman zu und ergänzt, dass das Fernsehen nicht mehr länger „ein Medium zweiter Klasse“ wäre. Auch hier hätten viele Macher bereits wichtige Preise abgeräumt, was vor zwanzig Jahren noch völlig undenkbar gewesen wäre. Jerry Bruckheimer durfte sich beispielsweise über zahlreiche Preise für die „CSI“-Reihen freuen.

Wirtschaftliche Ergebnisse von Disney und 21st Century Fox bestätigen den Trendwechsel

Die fünf größten Filmproduktionen und Filmverleiher von Hollywood fokussieren sich bei den Kinofilmen durchweg nur noch auf einzelne Projekte, bei denen das „Blockbuster-Potential“ extrem hoch ist. Sie haben an ihren eigenen Umsatzzahlen gemerkt, dass die Bedeutung des Fernsehens und anderer digitaler Medien in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen ist. Aus diesem Grund wundert die Trennung von Disney und Jerry Bruckheimer noch mehr, weil er ihnen nicht nur Kinofilme liefern kann, sondern auch seinen Spitznamen „Serienguru“ völlig zu Recht trägt.

Doch zurück zu den Zahlen, die von Disney und 21st Century Fox vorgelegt worden sind. Zum Gesamtgewinn bei Fox im ersten Quartal trug das Filmstudio selbst gerade einmal 328 Millionen Dollar bei. Über die Vergabe von Fernsehrechten an den eigenen Produktionen wurden im gleichen Zeitraum 231 Millionen Dollar in die Kassen gespült. Doch deutlich höher liegen bei 21st Century Fox die Einnahmen aus dem Kabelfernsehen, die mit stolzen 991 Millionen Dollar ausgewiesen werden.

Bei Disney ist die Entwicklung nicht viel anders. Dort wurde gerade eben der Bericht für das letzte Geschäftsjahr vorgelegt. Die höchsten Gewinne wurden mit den firmeneigenen Netzwerken gemacht, zu denen unter Anderem ABC gehört. Dort wird der operative Jahresgewinn mit rund 6,8 Milliarden Dollar ausgewiesen. Im Vergleich dazu sind die Gewinne von rund 661 Millionen Dollar aus dem Filmstudio verschwindend gering. Und diese riesige Differenz ist mit Sicherheit nicht nur durch die Verluste bei „Lone Ranger“ von Jerry Bruckheimer entstanden, denn sie machen selbst sehr großzügig gerechnet nicht einmal zwei Prozent dieser Differenz aus.

Auch für Agenturen ist diese Trendwende eine gute Sache

Ted Chervin arbeitet bei einer der Talentagenturen, aus denen die Macher in Hollywood ihren Nachwuchs beziehen. Er ist der Meinung, dass die reine Filmindustrie für die Neueinsteiger in der Vergangenheit allein schon wegen ihres Glamours interessanter war. Inzwischen gibt es die wichtigen Preise nicht nur für Schauspieler und Regisseure für Kinofilme, sondern auch für die Beteiligten an guten Fernsehserien. Die riesigen Premierenfeiern sind beim Start von erfolgreich eingeschätzten Fernsehserien inzwischen genauso üblich wie für die Kinofilme.

Jerry Bruckheimer sorgt für reichlich Nachwuchsbedarf

Für die eigene Branche sieht Ted Chervin allerdings noch ganz andere Vorteile bei dieser Trendwende. Früher haben sich die Agenturchefs fast schon dafür geschämt, Schauspieler für Fernserien zu vermitteln. Heute gehört es zum „guten Ton“ und ist noch dazu sehr lukrativ. Geld kann nicht nur bei der Vermittlung der Stammcrew verdient werden, sondern auch dann, wenn Nebenrollen besetzt werden müssen. Welche Größenordungen das im Laufe der Zeit annehmen kann, zeigen beispielsweise die Serien „Cold Case“, „Without a Trace“ und auch die „CSI“-Reihen von Jerry Bruckheimer. Dort wurden jeweils mehrere Hundert Nebendarsteller benötigt. Die Talentagenturen dürfen bei den Aufträgen von Jerry Bruckheimer also richtig gut verdient haben.

Streaming-Dienste verstärken diesen Trend

Was zur Verlagerung des Schwerpunkts vom Kinofilm zu Fernsehserien ebenfalls beiträgt, sind Streaming-Dienste wie zum Beispiel das 1997 gegründete Unternehmen Netflix. Ursprünglich als reine Online-Videothek konzipiert, hat sich Netflix inzwischen selbst unter die Serienproduzenten begeben. „House of Cards“, was gerade eben wieder im deutschen Fernsehen (SAT.1) läuft, ist beispielsweise im Auftrag von Netflix entstanden.

Marc Shmuger, der ehemalige Chef von Universal Pictures, der ebenfalls schon öfter mit Jerry Bruckheimer zusammengearbeitet hat, brachte die Vorteile dieser Streaming-Dienste auf den Punkt: Hier können sich die Nutzer mehrere Folgen einer Fernsehserie am Stück anschauen. In ihnen sieht Shmuger deshalb „die ultimative Unterhaltung“, wobei er die Palette der Kinofilme aber trotzdem noch für etwas Besonderes hält.

Welche Unterschiede das bei der Zählung der Zuschauer ausmachen kann, hatten wir in unseren News bereits anhand der Serie „Hostages“ von Jerry Bruckheimer sehr ausführlich dargestellt.